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Frame Insight

Die Tücken des grossen Bildes

By November 15, 2016April 6th, 2022No Comments

Visual Effects fürs Kino.

Als ursprüngliche, klassische Postproduktion sind wir es uns gewohnt zu reparieren und auszubessern: Pickel wegmachen, Nummernschilder auswechseln, Tage in Nächte verwandeln, Himmelsbilder austauschen, Uhren auf nicht vorhandene Handgelenke zaubern. All diese Aufgaben erledigen wir ohne mit der Wimper zu zucken, mit dem Gipfeli in der einen Hand und dem Digitalstift in der Anderen. Die Häufigkeit solcher klassischen Retouche-Aufgaben ist hoch. Bei dem von Peacock in 5K produzierten Kinofilm von Rolando Colla, SETTE GIORNI, mussten wir jedoch früh aufstehen um nachts gut schlafen zu können. Die Herausforderung: die gewaltige Auflösung.

Der ganze Film wurde durchgehend in 5K Auflösung gedreht, geschnitten und koloriert. – Ein Traum für jeden Liebhaber des cineastischen Bildes. Herrlich diese Details!

Collas Filme bestechen bekanntermassen durch Inhalt, eine liebevoll gestaltete Erzählstruktur und Schauspieler in Höchstform. Visuelle Effekte? Passt irgendwie nicht zusammen, oder? Naja, der Herr Regisseur ist ein Perfektionist, wenn es um das Bild geht. So mussten bei einigen Takes kleinere Schönheitsoperationen durchgeführt werden: Störende Skypefenster eliminieren, Reflexionen an den richtigen Orten einfügen, Öltanker im Hintergrund entfernen. Nichts Ungewöhnliches für einen 90 minütigen Spielfilm. Easy! Easy? Plötzlich wurden wir mit Details konfrontiert, welche man bei normaler Fernsehauflösung schlicht und einfach nicht gesehen hätte. Mehr Pixel bedeutet demnach auch mehr Arbeit. Was das konkret heisst, möchte ich an folgendem Beispiel aufzeigen:

Der Leuchtturm

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Die Aufgabe war simpel: Der Leuchtturm leuchtet nicht. Ok. Kein Problem: Ein Lichtlein draufkleben, oder?

Am Schluss war die Szene, welche nur für ein paar wenige Sekunden zu sehen sein wird, aufwändiger als gedacht: Der Turm musste in 3D nachgebaut werden, damit sich das drehende Licht möglichst realistisch im Raum verteilt. Auch die Schatten, welche auf dem Geländer erscheinen, sollten am richtigen Ort platziert sein. Ohne Baupläne musste die Architektur des Turmes nachempfunden und eingepasst werden. Kein Problem.
Nachdem man das Ganze in voller Auflösung auf der Kinoleinwand angeschaut hatte, wurde mit Schrecken festgestellt: Man sieht, dass sich kein Mensch im Leuchtturm befindet. In der Szene davor war da aber jemand. Continuity! Mein Gott! Vielen Dank 5K! Da niemand bewusst einen Anschlussfehler einbauen wollte, gab es nur eins: Wir brauchen einen Menschen. So musste aus der vorhergehenden Szene der nette Herr ausgeschnitten, die fehlenden Körperteile angesetzt und ein Lächeln auf seine Lippen gezaubert werden. Geschafft.

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Wichtig bei der Filmproduktion im Grossformat ist das Bewusstsein eben dieser Grösse. Nicht nur die steigende Datenmenge stellt uns immer wieder vor neue technische Herausforderungen, sondern auch die Auflösung an sich. Natürlich beeindrucken gestochen scharfe Bilder den Betrachter. Mehr Pixel heisst aber auch mehr Arbeit in der Postproduktion. Diese Arbeit wird auch mit der Demokratisierung der Film- und Videoproduktion (Equipment ist bedeutend günstiger geworden in den letzten Jahren) nicht weniger oder einfacher. Uns macht sie Freude.
Marc Haas antwortete in einem Interview auf die Frage nach einem gelungenen Effekt mit: “Ein guter Effekt ist einer, welchen man nicht sieht.” Das ist auch in Höchstauflösung unser Ziel.

Peace out.

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